Italienische Lieder

Im Schuljahr 1958/59 (ich war dreizehn) hatte ich meine erste Freundin: Barbara vom Ritten. Die einzige Möglichkeit sie zu sehen, war jeden Samstag von 16 bis 17 Uhr 30. Wir saßen in der Bar Moser oder in der Loreto Bar: dort gab es dunkle Knutsch-Ecken und die Wurlitzer. Deutsche Schlager, Peter Kraus, Connie Francis oder gar Connie und Peter? Extrem verpönt. Natürlich warfen wir Fred Buscaglione ein, schon mal Modugno, Mina, Bill Haley und Elvis. Und immer wieder Buscaglione. Seine Mischung aus Jazz, unglaublicher italianità, kratzbürstiger Sanftheit, Latin-Lover-Charme und echtem “duro” war einmalig. “Il dritto die Chicago” war eine Redensart geworden, “che bambola!” riefen wir den Mädchen nach und keine regte sich darüber auf und überhaupt: ich WAR Fred Buscaglione. Die leise, fast melancholische Ironie in seinen Liedern spürten wir, aber das war ja das Überwältigende: das Spiel mit dem Leben, das So-Tun-Als-Ob und das so, daß es fast wieder ernst war. Fred Buscaglione war in Musik und für uns in Italien das, was Eddie Constantin für die Deutschen als Filmstar war: ein Whisky, eine Linke und ein rechter Haken, sich die Krawatte zurechtrücken und dann der Schönen “Gehen wir?” zulächeln, das war’s.

50 Lire in die Juke-Box

Die Lieder von Fred Buscaglione (und Modugno, Peppino di Capri, Celentano, von der Zeit danach gar nicht zu reden) haben mich nie verlassen. Mein Gefühl, immer noch auch Italiener zu sein, kommt aus dieser Musik und nicht aus politischen Überlegungen (dafür war ich damals zu jung). Mein ganzes Leben in Deutschland lang (seit Ende 65 immerhin) habe ich das immer vermißt: daß in den Western und Krimis deutsch und nicht italienisch gesprochen wird und daß es hier in der Musik nichts gab (und gibt) was auch nur annähernd den Italienern vergleichbar gewesen wäre. Daß Fred Buscaglione dann den James Dean Tod fand – er hat sich in Rom mit einem rosa Ford Thunderbird ums Leben gefahren – machte ihn zum bis heute ungebrochenen Mythos. Mit Matthias Raue, Martin Wagner und Hans Höhn habe ich endlich Musiker gefunden, mit denen ich einige dieser Lieder spielen kann. Ob sie Ihnen gefallen, das müssen Sie entscheiden. Worum es darin geht, können Sie nachlesen. Ich werfe jetzt 50 Lire in die Juke-Box (das war damals der Satz), lasse “Una sigaretta” laufen und schlendere lässig um die Ecke zu Barbara und ihrem raschelnden Petticoat. Oh Mann….!
Konrad Beikircher

Produktinformation

  • Erscheinung: 04. Februar 2002
  • Audio CD
  • Label: Tacheles (Edel)

Die Band

  • Matthias Raue: Geige, Bratsche, Mandoline
  • Martin Wagner: Akkordeon
  • Hanns Höhn: Kontrabass