Konrad singt italienische Lieder

Una festa sui prati

Die 5oer Jahre – das verkannteste Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts. Über ihnen könnte der Satz von Péter Esterházy stehen: Es ist verdammt schwer zu lügen, wenn man die Wahrheit nicht kennt, weil: die 5oer wussten es nicht besser, also waren sie aufrichtig. So aufrichtig wie die Plastiktüte übern Kopf, falls die Atombombe kommt und mit ihr die Radioaktivität, so aufrichtig wie Juan Manuel Fangio und die wirkliche Kunst des Autofahrens. Am aufrichtigsten waren die 5oer in ihren scheinbar verlogenen Liedern, Lieder wie „Schön, schön, schön war die Zeit“, „Tom Dooley“ oder „Maria aus Bahia“, das als „Ei, Ei, Ei Verpoorten, Verpoorten allerorten“ bis heute lebendig geblieben ist.

»Adriano Celentano hat ab 1956 mit den ersten italienischen Rock’n’Roll-Liedern (“Ribelle”!!!) mein Herz getroffen und meine Hände vor Aufregung feucht werden lassen. Ich fühlte mich seiner Bewegung der “urlatori” (Brüller) absolut verbunden, es waren für mich Lieder, die die Wahrheit sagten. Gut, deren gab es viele, R’n’R stand dafür, zumindest in der ersten Zeit. Celentanos “24.000 baci” war der Hit, der mich in Bozen und in Bruneck bekannt machte, ich habe es damals wohl recht eindrucksvoll in die Dolomiten geröhrt.«

Ciao Ciao Bambina

Mit seinen kongenialen Musikern aus Frankfurt: Matthias Raue, Martin Wagner und Hanns Höhn packt Konrad Beikircher neunzehln Italo Klassiker am Schopf und schüttelt und zaust sie, bis ihnen die Schuppen vom Kopf fallen. Und plötzlich sehen die 5oer aus wie die Glaskugeln mit Schneegestöber und hinter dem Kitsch und der Lüge schaut uns die Sehnsucht mit großen traurigen Augen an, die Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit, in dem das Hellste die Augensterne der Schönen sind. So stellen sich die 5oer als ein Jahrzehnt vor, das zum Genießen ruft, wissend, dass es für den Rest des Jahrhunderts wohl nicht mehr schöner werden wird. Also: Laila, heute nacht will ich dich wiederseh’n, küsse mich und quäle mich, denn ich liebe nur dich! Ich schwöre Ihnen: wir werden Freude miteinander haben – wie damals!

»Das sind die Lieder, die meine ersten Mädcheneroberungen begleitet haben – und es ist die Musik, die meinen Chanson-Geschmack geprägt hat.« Buscaglione – war der Mann, der wie kein anderer die Mischung aus Ironie, Schmalz und Machotum beherrscht hat – auch weil er in die canzoni etwas Jazz gebracht hat, was damals eine Sensation war. Titel wie “Che bambola”, “Sono il dritto di Chicago” oder “Una sigaretta” wurden Klassiker. Buscaglione starb 1960 in Rom à la James Dean – er verunglückte mit 39 Jahren in einem rosa Thunderbird. Heute noch ist er in Italien Legende. Dazu drei Klassiker von Domenico Modugno u.a. “Amara terra mia”, ein herzzerreißendes Lied, das in den sechziger Jahren die Nationalhymne der italienischen “Gastarbeiter” in Deutschland war.

Produktinformation

  • Label: Roof Records (rough trade)
  • Erscheinung: 07.10.2016. 2 Edition
  • Doppel-CD

Die Band

  • Matthias Raue: Geige, Bratsche, Mandoline
  • Martin Wagner: Akkordeon
  • Hanns Höhn: Kontrabass